Barfberatung Franken

"Franken-BARF" - Ihre Ernährungsberatung für Hunde und Katzen im Nürnberger Land

BARF-Mythos #1

Zu viel Fleisch, zu viel Eiweiß



Text von Nadine Wolf (https://mashanga-burhani.blogspot.de)


BARF Mythos #1:

Beim Barfen nimmt der Hund aufgrund der hohen Fleischmenge zu viel Eiweiß zu sich – das schädigt die Leber und die Nieren.



Zu finden z.B. auf der Website des Futtermittelherstellers Marengo:
"Leider gibt es aber auch eine Schattenseite dieser Art von Fütterung. Der Eiweissanteil einer BARF-Ration ist bedingt durch die hohe Fleisch- bzw. Eiweissmenge sehr erhöht. Letztendlich kann dies zu einer Eiweissüberversorgung führen, die mit den dafür typischen Symptomen einhergeht (siehe Leber- und Nierenstörungen im Vergleich)."

Ein Beweis für die Richtigkeit dieser Aussagen wird nicht geliefert. Die Behauptung wird unbegründet in den Raum gestellt. Betrachten wir das Argument mal genauer und beginnen mit der Behauptung, dass eine Überversorgung mit Eiweiß, die Nieren und die Leber schädigt.

Dem Buch "Ernährung des Hundes" von Helmut Meyer und Jürgen Zentek (ein Werk, was jeder Tierarzt und jeder Futtermittelhersteller selbstverständlich mehr als einmal gelesen haben sollte) ist zu entnehmen:
"Die Frage, inwieweit eine längerfristige massive Eiweißüberversorgung zu einer Organschädigung insbesondere der Leber oder der Niere führen kann, ist umstritten..."

Es ist also umstritten, ob eine MASSIVE Eiweißüberversorgung überhaupt schädlich ist. Die Frage ist jetzt also, was genau bedeutet massiv und liefert BARF wirklich so viel Eiweiß?

Ich bin keine Tiermedizinerin, aber wenn ich als BWLerin eines kann, dann ist es: rechnen. Berechnen wir also den Proteinbedarf eines Hundes und vergleichen die Proteinzufuhr der einzelnen Futtermittel, um eine echte, objektive Vergleichsgrundlage zu haben.


Eiweißbedarf des Hundes

Laut Meyer/Zentek berechnet sich der Eiweißbedarf nach folgender Formel:
5 g hochverdauliches Rohprotein (Rp) pro kg Körpermenge^0,75 pro Tag im Erhaltungsstoffwechsel.
Bayo wiegt 38 kg. Er braucht demnach: 5 g x 38 kg^0,75 = 76,5 g Rp am Tag. Durch eine entsprechende körperliche Belastung oder Trächtigkeit, steigt der Proteinbedarf an. Zusätzlich benötigt der Hund Energie in Form von Fett oder Kohlenhydraten.

Wann aber würde man von einer "massiven Überversorgung" sprechen? Laut Meyer / Zentek liegt eine "extreme" Überversorgung vor, wenn das Tier 20-30 g Protein pro kg KM zu sich nimmt. Im Falle von Bayo wären das etwa 760-1.140 g Protein am Tag. Das stellt also eine bis zu 14-fache Versorgung über dem Bedarsfwert dar. Nun ist "extrem" nicht unbedingt mit "massiv" zu vergleichen, aber es wird sicherlich irgendwo weit über dem normalen Bedarfswert liegen. Gehen wir mal davon aus, dass eine "massive Überversorgung" das 5-fache des Bedarfs wäre. Und wie wir bereits wissen, ist selbst dabei fraglich, ob es schädlich für den Hund wäre...


Proteinzufuhr mit Trockenfutter

Ich habe mal beispielhaft einige Futtersorten ausgewählt und die Rationen für einen Hund wie Bayo entsprechend der Herstellerangaben und unter Einbeziehung seines Energiebedarfs errechnet. Bayo benötigt täglich insgesamt ungefähr 1.500 kcal. Die erhält er mit seinen kompletten BARF-Mahlzeiten, also inkl. der Komponenten die hauptsächlich Protein liefern und jener, die eher Energie liefern (Schweineschmalz, Öl, Nüsse).

- Marengo Premium (23,9 % Rohprotein), 400 g am Tag, 2.800 g pro Woche: 669,2 g Rp = 95,6 g Rp am Tag
- Platinum Adult Lamb & Rice (23,0 % Rohprotein), 460 g am Tag, 3.220 g pro Woche: 740,6 g Rp = 105,8 g Rp am Tag 
- Orijen Adult (38,0 % Rohprotein), 400 g am Tag, 2.660 g pro Woche: 1.010,8 Rp = 144,4 g Rp am Tag 
- Hill's Canine Adult Large Breed Huhn (22,7 % Rohprotein), 405 g am Tag, 2.835 g pro Woche: 643,4 g Rp = 91,9 g Rp am Tag 
- Acana Wild Prairie (33,0 % Rohprotein), 405 g am Tag, 2.835 g pro Woche: 935,6 g Rp = 133,6 g Rp am Tag 
- Lupovet Poulet Suisse (24,0 % Rohprotein), 425 g am Tag, 2.975 g pro Woche: 714,0 g Rp = 102,0 g Rp am Tag


Proteinzufuhr mit BARF

Bayo bekommt 5x pro Woche:
300 g Muskelfleisch (= 54 g Rp)
+ 140 g Pansen/Blättermagen (= 19 g Rp)
+ 100 g Innereien (= 17,5 g Rp)
+ 100 g Fleischige Knochen (= 18 g Rp)
+ 150 g Gemüse (= 0,65 g Rp)
+ 50 g Fett (= 0 g Rp)
+ 30 g Nüsse/Samen (= 3,3 g Rp)
+ 11 g Bierhefe (= 5,2 g Rp)
+ 9 ml Öl ( = 0 g Rp)

Außerdem gibt es zwei Eier pro Woche (= 13,5 g Rp).

1x pro Woche:
250 g Hirse/Reis/Kartoffel/Hüttenkäse (= 18 g Rp)
+ 150 g Gemüse (= 0,65 g Rp)
+ 40 g Fett (= 0 g Rp)
+ 30 g Nüsse/Samen (= 3,3 g Rp)
+ 11 g Bierhefe (= 5,2 g Rp)
+ 9 ml Öl ( = 0 g Rp)

1x pro Woche:

Nix ;-)

Wenn man nun alle Positionen addiert, kommt man zu folgendem Ergebnis: Bayo frisst pro Woche: 628 g Rp = 89,8 g Rp am Tag.

Huch, was ist das denn? Das Fertigfutter liefert sogar mehr Rohprotein als BARF. Selbst wenn man beim Barfen den Fastentag nicht einhalten würde und ohne Mengenreduktion 6x pro Woche die genannten Fleischrationen füttern würde, läge die Rp-Zufuhr bei 105,2 g pro Tag, was immer noch weniger wäre als bei den meisten Trockenfuttersorten und weit unter einer "massiven Überversorgung". Die würde bei 380 g liegen, wenn man davon ausginge, dass eine 5-fache Deckung des Bedarfswertes so zu bezeichnen wäre. Diese Menge ist mit BARF überhaupt gar nicht zu erreichen... Dazu müsste Bayo über 2 kg pures Fleisch am Tag bekommen. Das wäre absoluter Irrsinn!

Wie kommt es dazu, dass Fertigfutter manchmal sogar mehr Eiweiß liefert als BARF? Die Antwort ist ganz einfach. Der errechnete Proteinbedarf des Hundes bezieht sich auf den Bedarf an hochverdaulichem Rohprotein, also Protein, was zu 100 % verdaut werden kann. Wenn ein Futter nicht genug hochverdauliches Protein liefert, dann muss von dem enthaltenen minderwertigem Protein eben mehr zugeführt werden, um den Bedarf zu decken. Und Futtermittel wie Tiermehle oder Getreidekleber, die häufig im Fertigfutter landen, haben eine Verdaulichkeit von 50-70 % - im Gegensatz zu Fleisch, was zu 98 % verdaut werden kann. Daher muss in einem Fertigfutter mehr Protein enthalten sein.

  

Was ist der Ursprung des Vorurteils?

Tja, warum wird das Argument, BARF sei zu fleisch- und somit zu eiweißreich, immer wieder aufgeführt, wenn es rein rechnerisch überhaupt gar nicht zutrifft? Ich gehe davon aus, dass viele Leute sich gar nicht darüber im Klaren sind, dass Fleisch eigentlich nur zu 12–24 % aus Rohprotein besteht. Der Rest setzt sich zu einem Großteil aus Wasser und natürlich auch noch aus Fett und einem kleinen Teil Rohasche zusammen.

Vielleicht liegt es auch daran, dass die meisten Kritiker gar nicht darüber informiert sind, wie eine BARF-Mahlzeit zusammengesetzt ist. Natürlich: Würde man einem Hund wie Bayo täglich 600 g reine Hühnchenbrust geben und nichts anderes, dann würde er auf Dauer wahrscheinliche Nieren- und Leberprobleme entwickeln und zudem noch an einer Unterversorgung mit wichtigen Nährstoffen leiden. Aber eben das ist eben nicht die Idee von BARF. Die Idee ist, dass der Hund abwechslungsreich ernährt wird. Außerdem wird immer wieder darauf hingewiesen, dass der Hund eine Energiequelle benötigt: entweder Fett oder Kohlenhydrate. Daher ist in den BARF-Plänen auch immer von durchwachsenem Muskelfleisch (ca. 15–25 % Fett) die Rede. Das ist wichtig, damit nicht etwa Proteine nicht zur Energiegewinnung herangezogen werden, was zu einem unnatürlichen Anstieg des Harnstoffwertes im Blut führen würde, der wiederrum die Nieren auf Dauer schädigen kann.

Hat man wie ich eher mageres Fleisch zur Verfügung, dann reduziert man einfach die Fleisch-Menge ein wenig und gibt extra Fett hinzu.

 


Fazit

Wie die Berechnung zeigt, kann mit BARF bei einem gesunden Hund keine Überversorgung mit Eiweiß erreicht werden. Eher liefern die meisten Trockenfutter zu viel Eiweiß - selbst das Trockenfutter des Herstellers, der auf seiner Website anführt, BARF sei zu eiweißlastig, liefert mehr Eiweiß als BARF, was auch nicht verwunderlich ist, denn je schlechter die Verdaulichkeit Futters ist, desto mehr Eiweiß muss insgesamt gefüttert werden. Die Verdaulichkeit von Fertigfuttern ist jener von BARF unterlegen, also muss im Industriefutter mehr Eiweiß enthalten sein, um den Bedarf des Hundes zu decken.

Vertrauen ist gut, Nachrechnen ist besser...

 

Text von Nadine Wolf (https://mashanga-burhani.blogspot.de)


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